Vorsorgevollmacht Für alle Fälle
Ein schwerer Unfall, Altersschwäche oder ein plötzlicher Schlaganfall. In kürzester Zeit kann eine Situation entstehen, in der wir hilflos sind und nicht mehr selbst Entscheidungen treffen können. Unsere Serie erklärt, wie Sie dafür vorsorgen können. Im ersten Teil von Rechtsanwalt und Notariatsverwalter Holger Schiller geht es um die Vorsorgevollmacht.
Es ist wichtig, frühzeitig darüber nachzudenken, was in einer Notlage geschehen soll, in der wir nicht mehr selbst für uns sorgen können. Viele Entscheidungen können erforderlich sein: etwa über die medizinische Behandlung, die Unterbringung in einem Pflegeheim, Geldausgaben zur Deckung der Pflegekosten, Leistung von Unterschriften, Kündigung von Verträgen, Kreditaufnahme, Auflösung von Konten.
Wer soll entscheiden?
Stellvertretend für Sie müssen dann andere Personen, nämlich Angehörige, Ärzte, Gerichte oder ein vom Gericht zu bestellender Betreuer die erforderlichen Entscheidungen treffen. Wenn Sie selbst bestimmen wollen, wer zukünftig - wenn Sie selbst aufgrund körperlicher oder geistiger Schwäche nicht mehr in der Lage sind - Ihre Angelegenheiten regeln soll, müssen Sie rechtzeitig ausreichende und konkrete Vorkehrungen schriftlich treffen. Rechtzeitig heißt: im Zustand der Handlungs- und Geschäftsfähigkeit.
Inhalte der Vollmacht
Eine Vollmacht regelt, wer - und in welchem Umfang - den Willen des Betroffenen vertreten soll. Auch lässt sich durch die Vollmacht oftmals eine richterlich angeordnete Betreuung vermeiden. Sie können den Umfang der Vollmacht frei bestimmen.
Damit die bevollmächtigte Person Ihres Vertrauens alle denkbaren Angelegenheiten erledigen kann, ist eine umfassende Bevollmächtigung empfehlenswert: eine sogenannte "Generalvollmacht" für die vermögensrechtlichen Angelegenheiten sowie eine "medizinische" Vorsorgevollmacht für die sonstigen persönlichen Dinge.
Zwischen Vermögen und Persönlichem unterscheiden
Zu unterscheiden ist zwischen vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten: Bei der Verfügung über Vermögensgegenstände, Bankkonten, Kreditaufnahmen, Verfügungen über Grundstücke, Wohneigentum oder Erbbaurechte handelt es sich typischerweise um vermögensrechtliche Angelegenheiten. Sollen auch Einwilligungen, Nichteinwilligungen oder ein Widerruf der Einwilligung in ärztliche Maßnahmen wie Operationen und Behandlungen, Entscheidungen über freiheitsentziehende oder freiheitseinschränkende Maßnahmen (geschlossene Unterbringung, Ruhigstellung durch Medikamente, Gitterbett) oder die Unterbringung in einem Pflegeheim durch den Bevollmächtigten getroffen und veranlasst werden können, handelt es sich um persönliche Angelegenheiten.
Dafür brauchen Sie einen Notar
Soll die Vollmacht auch zur Verfügung über Grundbesitz oder Rechte, die in ein Grundbuch eingetragen sind (wie Wohnrecht, Nießbrauch, Altenteil etc.), zur Aufnahme von Verbraucherdarlehen dienen und auch Erbausschlagungen ermöglichen, muss sie sogar notariell beurkundet oder beglaubigt sein. Die Beurkundung ist auch der einzige sichere Weg, um die erforderliche Identität der Beteiligten und deren Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Verfassens nachweisen zu können. Auch wenn eine Vorsorgevollmacht wie ein Testament mit der eigenen Unterschrift rechtswirksam ist, empfiehlt sich, sie auch in allen anderen Fällen stets von einem Notar verfassen zu lassen. Denn ein einfaches Schriftstück wird häufig von Banken und Behörden nicht akzeptiert. Bei einer notariellen Urkunde können zudem niemals Zweifel darüber aufkommen, wer die Urkunde unterschrieben hat und dass die- oder derjenige zu dem Zeitpunkt geschäftsfähig war.
Holger Schiller
Mehr Informationen
In einem weiteren Teil der Serie geht es um Verfügungen wie Betreuungs- und Patientenverfügung.
Weitere Information und Formulare beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.