Schnell, schnell – dabei sicher, sauber und bezahlbar? Wie geht es weiter mit der deutschen Energiepolitik?

Die Bundesregierung legte Anfang Juni ein Bündel von Gesetzentwürfen vor, das den ausgerufenen Wandel der Energiepolitik beschleunigen soll. Ausstieg aus der Atomstromversorgung und gleichzeitig hochgespannte Klimaschutzziele können nur in einem Kraftakt angegangen werden. Die Kluft zwischen dem Wünschenswerten, in dem sich weite Teile der Bevölkerung mit den politisch unterschiedlichen Regierungen des Bundes und der Länder erstaunlich einig sind, und den Befürchtungen der Wirtschaft könnte kaum größer sein.

Das Bundeskabinett hat am 6. Juni 2011 die Gesetzesentwürfe zur Änderung des Atomgesetzes und des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen.

Von links: Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Dr. Peter Ramsauer, Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler und Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen auf der Pressekonferenz.   © Thomas Trutschel/photothek.net
Mit viel Geld ginge vieles leichter. Doch wie bei den Energiequellen sind auch hier die Ressourcen begrenzt. Ob Forschung im Bereich des Energiebedarfs oder Realisation im jeweiligen Anwendungsgebiet wie Wirtschaft und Produktion, Immobilien und Mobilität – die finanziellen Lasten sind zwischen Nutzer, Energieverbraucher und Allgemeinheit, das heißt dem Steuerzahler, so zu verteilen, dass der Einzelne seinen individuellen Kostenanteil auch gut schultern kann. Andererseits sind die Chancen, am Umbau zu verdienen für die Wirtschaft, die Aktionäre und die Beschäftigten ebenso einzuberechnen. Schon die bisherigen Maßnahmen im Bau und in der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden wirkten als Konjunkturprogramm.

Bezahlbar heißt gefördert

Eine gute Nachricht für die Eigenheimbesitzer und selbstnutzenden Wohneigentümer ist die Absicht, ab 1.1.2012 Aufwendungen für energetische Maßnahmen am Haus über zehn Jahre als Sonderausgaben geltend machen zu können. Damit würde ein reizvolles Instrument für alle geschaffen, die nicht mit ihrer Immobilie als Vermieter wirtschaften, aber doch auf Wirtschaftlichkeit ihrer Investition achten müssen. Daneben soll weiterhin die Förderung durch die KfW über vergünstigte Kredite und bislang auch Zuschüsse fortgeführt und die Fördersumme für 2012 bis 2014 auf je 1,5 Mrd. Euro wieder aufgestockt werden. Dies ist zu begrüßen, doch notwendig wäre eine Fördersumme von mindestens 2 Mrd. jährlich, effektiver wären bis 5 Mrd. Euro.

Baugesetzbuch-Reform

Das Kabinett hat außerdem einen Gesetzentwurf zur „Stärkung der Innenentwicklung und klimagerechten Stadtentwicklung in den Gemeinden“ verabschiedet, zu dem der Verband Wohneigentum zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Siedler und Eigenheimer vorab eine Stellungnahme abgeben konnte. Das Ziel des Klimaschutzes wird von beiden Verbänden generell unterstützt. Insofern tragen wir auch die stärkere Gewichtung der „klimagerechten Stadtentwicklung“ im Baugesetzbuch mit, die zu größerer Dominanz des Klimaschutzes bei der Aufstellung von Bauleitplänen führen dürfte, so wie dies bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit von Bauvorhaben bereits der Fall ist. Der Bund setzt mit der Reform des Baugesetzbuches einen Rahmen, den die Kommunen ausfüllen. Hier ist allerdings Wachsamkeit angesagt.

Siedlungs- und Einzellösungen

Erforderlich ist eine Unterstützung und Entlastung des Einzelnen durch schlüssige städtebaulich-energetische Konzepte, die stets Freiwilligkeit und Wirtschaftlichkeit beachten. Der Rahmen des Baugesetzbuchs darf nicht durch Pflichtmaßnahmen und Zwangsinvestitionen der Eigentümer ausgefüllt werden. Würden Sanierungsgebiete zu Klimaschutzzwecken mit der Maßgabe des Zwangs ausgewiesen, wären Rechtsstreitigkeiten wegen Eingriffs ins Eigentum vorprogrammiert. Stattdessen ist vorstellbar, dass beispielsweise Investoren siedlungsbezogene Energieversorgung ohne Anschlusszwang für die Bewohner anbieten, die diese – je nach den Gegebenheiten ihrer Wohnimmobilien und vorhandenen Vorrichtungen – mit mehr oder weniger baulichen und technischen Umrüstungen frei annehmen können. Immer müssen die unterschiedlichen Lebens- und Einkommenssituationen der Wohneigentümer und Nutzer in den regionalen Konzepten einbezogen werden. Quartierslösungen müssen daher notgedrungen über einen längeren Zeitraum geplant und realisiert werden.

Ein Gebot der Vernunft ist eine geplante Sonderregelung, nach der „geringfügige Abweichungen“ vom Bebauungsplan bei Sanierung nach der Energieeinspar-Verordnung 2009 oder dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, auch bei „Übererfüllung“, zulässig sein sollen – auch wenn die „Geringfügigkeit“ im Konkreten noch der rechtlichen Klärung bedarf.

Bürgerbeteiligung

Für die gesamte – beschleunigte – Energiepolitik gilt, dass die hehrsten Ziele ohne den Konsens mit den Betroffenen nicht erreicht werden. Wer eine ökologisch und sozial zukunftstaugliche Stadt- und Siedlungsstruktur will, muss ein gezieltes und strukturiertes Zusammenwirken der Beteiligten vor Ort herstellen. Da sind viele gefordert: Kommunalpolitiker, Stadtverwaltung und Bürger müssen ihr Wohnumfeld gemeinsam gestalten. Nachhaltiger Konsens braucht seine Zeit.

Ue

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